HR, Marketing und Mitarbeiterbindung

Was hat HR mit Marketing zu tun? Spätestens seitdem Worte wie Employer Branding, sprich Arbeitgebermarke, in das HR Vokabular Einzug gehalten haben, ist klar, dass ein Personaler nicht mehr an Marketing vorbeikommt. Es gibt da zum Glück noch das deutsche Wort „Personalmarketing“. Sonst ist die Marketingsprache sehr von Anglizismen und den entsprechenden Abkürzungen wie CRM, TRM, etc. durchzogen. Auf der Basis bereits bestehender Ansätze Marketingtechniken in HR einzusetzen, wollen wir in diesem Beitrag einen Impuls geben, eine andere Brille bei der HR Arbeit aufzusetzen. Die heutige Zeit erfordert ein Umdenken und dabei ist ein Perspektivwechsel oft hilfreich.

„Marketeers“ überlassen nichts dem Zufall. In 2014 liegen die 10 Top Werbebudgets zwischen 25 und mehr als 70 Mio EUR. Die Prozesse zur Kundengewinnung und Bindung sind sehr ausgefeilt und seit Jahrzehnten Gegenstand der universitären Forschung. Was Kunden wollen und wie sie zum Unternehmen oder zum Produkt stehen, wird seit Jahren in aufwendigen Umfragen regelmäßig erhoben. Ganze Abteilungen werten diese Ergebnisse aus und setzen Verbesserungspläne um.

Der Personalbereich könnte seine Bewerber, Kandidaten und Mitarbeiter (!) auch als Kunden betrachten. Mit Bewerbern und Kandidaten wird dies vermehrt getan, bei den Mitarbeitern hapert es noch ziemlich. Es wird lange nicht mit demselben strukturierten Vorgehen in HR gearbeitet und es stehen lange nicht die Budgets zur Verfügung, die Marketing für die Kundenbindung oder Produktwerbung ausgeben darf (nur ein winziger Teil dessen würde manchesmal schon große Möglichkeiten eröffnen).

Warum eigentlich nicht? Wieviele Unternehmen machen heute eine Mitarbeiterumfrage, werten diese akribisch aus und setzen einen Aktionsplan um? Ist es nicht genauso wettbewerbsrelevant gute Mitarbeiter an Bord zu holen und zu halten? Ohne sie könnte kein Produkt erstellt werden, kein Kunde gewonnen, geschweige denn gebunden werden! Zudem reflektiert die Mitarbeitern entgegengebrachte Wertschätzung direkt auf den Kunden. Diese Erkenntnis, v.a. hochrelevant für serviceorientierte Unternehmen, ist nicht neu. Allerdings wurde auch im HR Bereich einiges an Gehirnschmalz in Systeme  investiert, die sich an Marketing anlehnen, wie z.B. die Talent Segmentierung von Boudreau / Ramstadt aus 2005. Allerdings scheint mir manchmal wenig davon in den Personalabteilungen anzukommen, bzw. umgesetzt zu werden.

Doch wieviel Marketing gibt es in HR bereits? In vielen Fällen wurde bei der Übertragung der Marketing Strategien auf HR einfach nur der Begriff „Customer“ mit „Talent“ oder „Candidate“ getauscht. So ist CRM = Candidate Relationship Management oder TRM = Talent Relationship Management. Nach dem Employer Branding geht es los mit der Candidate Journey, dann weiter mit der Candidate Experience. Henner Knabenreich beschreibt in seinem Blog „Candydate Experience. Gib dem Bewerber Zucker“ nach marketingart sehr systematisch die sog. „Touchpoints“, Berührungs-, Kontakt- oder auch Beziehungspunkte eines Kandidaten mit dem Unternehmen auf dem Weg durch den Bewerbungsprozess und gibt Empfehlungen zur Optimierung.

Touchpoint Management ist hier das Marketing Stichwort und ich beziehe mich im folgenden auf den Marketingmanager Henning Staerk  mit seinem Beratungsunternehmen Staerk & Staerk, der diese Zusammenhänge in seinem Blog sehr gut darstellt. So schreibt er hier: „Das große Ziel des Customer Touchpoint Management ist es, Kunden an jedem Interaktionspunkt ein über ihre Erwartungen hinausgehendes Erlebnis zu verschaffen, um die Kundenbeziehung zu festigen und Neugeschäft über Weiterempfehlungen zu generieren.“ Da können wir uns von der HR Seite doch gut wiederfinden? Oder wollen wir etwa unseren Kandidaten nicht ein über ihren Erwartungen liegendes Erlebnis verschaffen, so dass sie uns, ob eingestellt oder abgelehnt eine Empfehlung verschaffen? Selbst nach einer Absage sollten diese Kandidaten so emotional abgeholt worden sein, dass sie das Unternehmen weiterempfehlen!

Aber wir können dieses Thema auch auf die vielleicht sogar noch wichtigere Kundengruppe der Personalabteilung übertragen, die Mitarbeiter. Wollen wir sie nicht zu Markenbotschaftern machen? Sollen nicht als allererstes sie das Unternehmen weiterempfehlen und so Leads von Produktinteressierten oder potentielle Kandidaten generieren? Der „Net Promoter Score“ im Marketing misst diejenigen Kunden, die bereit wären das Unternehmen oder das Produkt Freunden weiterzuempfehlen. Dies geht über die reine Zufriedenheit hinaus und setzt eine emotionale Bindung mit dem Unternehmen voraus. Diese Frage wäre somit unser Maßstab für die emotionale Mitarbeiterbindung und kann als Teil einer kleinen Mitarbeiterumfrage gemessen werden.

Um also unseren „Score“ zu optimieren, müssen wir uns wieder den „Touchpoints“ zuwenden. Diese Kontaktpunkte mit dem Unternehmen sind immer auch ein emotionaler Berührungspunkt und diese Emotionen lassen sich steuern. Wie ich eingangs sagte, der Marketeer überläßt nichts dem Zufall!  Auch zwischen Mitarbeiter und Unternehmen (Manager oder HR) gibt es genügend Berührungspunkte, die wir uns vornehmen können. Man stelle sich nur einfach die „Employee Journey“ durch das Unternehmen vor. Wir könnten beim Arbeitsplatz anfangen, der allein ein immens wichtiger Berührungspunkt ist. Dann wären da die zahlreichen Kontaktpunkte zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Die Wichtigkeit der Führungskraft für die Mitarbeiterbindung ist vielfach hervorgehoben worden. Weiterhin sind die Entscheidungsprozesse in einem Unternehmen Berührungspunkte, die oft zu frustrierenden Erlebnissen für die Mitarbeiter führen. Die Liste ließe sich lange fortführen.

Wenn wir also systematisch eine Mitarbeiter Touchpoint Map aufstellen und dann die einzelnen Punkte im Sinne eines positiven Erlebnisses für den Mitarbeiter umgestalten, sollte unser „Mitarbeiterbindungsindex“ rasant nach oben schnellen! 

Bild: Staerk & Staerk

09. April 2014 von Volker Seubert
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