HR Presseschau: Was bringt die Zukunft? Agile Organisation.
Im November 2014 und Februar 2015 sind im Personalmagazin einige Artikel zum Thema Agilität erschienen. Wir geben im folgenden einen Überblick. Organisationsformen, die aufgrund sich schnell ändernder Kundenanforderungen und einer hohen Komplexität bei der Produktentwicklung vor mehr als 10 Jahren zunächst in der Softwareentwicklung Einzug gehalten hatten, verbreiten sich und haben starke Auswirkungen auf die Rolle von HR. Wer sich mehr mit dem Thema beschäftigen möchte, dem sei die 4. Agile HR Conference im April in Köln empfohlen.
Die Kunst loszulassen
Zunächst titelte die Novemberausgabe des Personalmagazins: Agil Anpassen! Der gleichnamige Artikel der HR Pioneers beschreibt agile Organisationen als Mittel für Unternehmen auf die Dynamik der Märkte zu reagieren, Innovationszyklen zu verkürzen und Komplexität besser zu managen. Entscheidungen werden dort getroffen, wo das Wissen und nicht wo die (disziplinarische) Macht sitzt. Konsequenterweise geht die Organisationsform agiler Unternehmen in Richtung einer Netzwerkstruktur. Radikale Kundenorientierung geht mit radikaler Mitarbeiterorientierung einher. Grundlagen dafür sind eine offene Unternehmenskultur (Vertrauen, Transparenz, offene Fehlerkultur) sowie „disziplinierte und leidenschaftliche Selbstverantwortung“, die wir allerdings wieder lernen müßten. Manager sind gefordert „Die Kunst des Loslassens“ zu lernen, wie Sören Stamer und Willms Buhse ihren Sammelband zu Enterprise 2.0 bereits Anfang 2010 treffend betitelten, sind diese doch als Talentbegleiter und Netzwerkorganisatoren gefragt.
Auch HR verändert sich. Prozesse wie Performance Management werden hinfällig, diese sind auf Teamebene verlagert. Individuelle Anreizsysteme werden ersetzt durch Teamanreize. Wichtig wird die Auswahl der richtigen Mitarbeiter und Führungskräfte, die motiviert sind eigenverantwortlich zu handeln. HR wird im klassischen Sinne zum Change Agent, konzentriert sich auf Führungskräfte- und Teamentwicklung und innovative Organisationsentwicklung. HR wird „zum unternehmerisch denkenden Change Manager, der einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit es Unternehmens leistet“.
Praxisbericht: Whatever Mobile
In agilen Organisationen wird „Veränderung als Normalzustand“ begriffen. So lautet der obigem Artikel im Personalmagazin folgende Praxisbericht von Stefanie Cortinovis, HR Managerin und Berit Huyke, Communication Managerin bei Whatever Mobile in Hamburg. Denn schon die Einführung von Agilität ist eine komplexe Aufgabe und muss selbst agil erfolgen. Aufgrund sich schnell ändernder Kundenanforderungen wurde agile Softwareentwicklung eingeführt. Sie folgt den Prinzipien des „Agile Manifesto“. Die Methodik genannt „Scrum“ arbeitet mit kurzen Planungs- und Umsetzungszyklen, den „Sprints“ und regelmäßigen Erfolgskontrollen, den „Reviews“. Täglich finden „Stand-Up Meetings“ statt. Das macht die Arbeit aller Mitarbeiter transparent.
Mittlerweile arbeitet die ganze Organisation auf agile Art, auch HR. Tägliches Stand-Up Meeting und öffentliches „Task Board“ mit der Priorisierung der laufenden Aufgaben, gehören dazu. Auch hier wird die Wichtigkeit der Auswahl der richtigen Mitarbeiter betont. Einige Mitarbeiter mögen mit einer solchen Veränderungskultur nicht zurechtkommen, für viele aber sind die daraus resultierenden Gestaltungsspielräume attraktiv. So trägt eine agile Arbeitsumgebung auch zur Arbeitgeberattraktivität bei. Auf dem HR IT Camp im September 2014 in Hamburg wurden auch viele Einblicke in die grundlegende Arbeit nach agilen Prinzipien gegeben, die eben auf jede Organisation anwendbar sind.
Praxisbericht Adidas
Ja, die Softwareentwicklung war Vorreiter fürs agile Arbeiten. Bereits vor 10 Jahren haben wir die Einführung dieser Methodik mit begleitet. Nun ziehen auch Unternehmen aus anderen Branchen nach, die ihre „Time to Market“ beschleunigen wollen, so adidas. Die Februar Ausgabe des Personalmagazins enthält den Artikel „Auf dem Weg zur Agilität“, Co-Autor u.a. ex. HRO Matthias Malessa. Die Autoren stellen ein Defizit bei „umsetzbaren Konzepten zur Ausgestaltung agiler Unternehmens- und Führungslandschaften“ fest. Nun ist jedes Unternehmen individuell unterschiedlich. Zudem ist der „Agilität“ eigen, dass diese sich in einem offenen Prozess ihre eigene Ausgestaltung sucht. Da erscheinen „Musterlösungen“ verfehlt.
In dem Artikel geht es im wesentlichen um die Darstellung eines agilen Führungskompetenzmodells mit 4 Elementen: Kompetenzerhöhung, Schnelligkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit, welches vom Forschungs- und Beratungsinstitut HR Impulsgeber entwickelt wurde und am Beispiel adidas dargestellt wird. Unter „Flexibilität“ findet die lernende Organisation Erwähnung, die ein essentieller Bestandteil des agilen Gedankens ist. Es gibt keine vorgefertigten Kurse mehr, die Mitarbeiter lernen selbstgesteuert und wechseln je nach Kompetenz zwischen den Rollen des Lehrenden und Lernenden. Das soll am jedem Ort und zu jeder Zeit geschehen. Verschiedene Kanäle von Videos, über Artikel bis hin zu Workshops und E-Learning werden angeboten.
Wie auch immer der Wandel angestoßen wird, ihn anzustoßen ist der erste große Schritt, der vielen nicht leicht fällt, sind wir Menschen doch sicherheitsliebend und sehen in der Veränderung zu oft eine Gefahr, die Ängste auslöst. Die Gefahr durch Stillstand ins Abseits zu geraten wird leider viel zu selten rechtzeitig wahrgenommen.