Direkte Ansprache („Active Sourcing“) in sozialen Netzwerken – Wie lange geht das noch gut?
„Active Sourcing“ dieser typisch deutsche Begriff ist schon eine interessante Kreation. Was ist damit eigentlich wirklich gemeint und wie unterscheidet er sich von dem, was die Direktansprache in der klassischen Personalberatung war bzw. ist? Welche Rolle spielen die sozialen Netzwerke und in welche Abhängigkeit begeben wir uns dort eigentlich? Welche Methoden sind heute in der Personalsuche in einem schwierigen Marktumfeld wirklich zielführend.
Sourcing im angelsächsischen Sprachraum ist im Zusammenhang mit dem Recruiting ganz generell die Suche nach passenden Kandidaten für eine zu besetzende Stelle, die idealerweise mit der Generierung von Lebensläufen, also konkreten Bewerbern endet. Die Art, wie diese gefunden werden ist nicht näher benannt. Dies ist auch im deutschen Wikipedia Eintrag zu Active Sourcing so definiert. Alle „Maßnahmen der Identifizierung vielversprechender Mitarbeiter auf dem externen Arbeitsmarkt“ zählen dazu. Das Wörtchen „Active“ ist in unserem Sprachraum wohl hinzugefügt worden, um zu demonstrieren, dass man entgegen einer Anzeigenschaltung nicht auf die Bewerber wartet, sondern eben aktiv auf diese zugeht.
Barabara Braehmer spezifiziert in ihrer Definition von Active Sourcing die zum Einsatz kommenden Mittel: „Gewinnung von Talenten auf der Basis der Analyse von (Big) Data mit Mitteln des Social Webs“. Unser Gefühl ist, dass Active Sourcing mittlerweile tatsächlich fast ausschließlich mit der Ansprache von Kandidaten auf Plattformen wie Xing und LinkedIn in Verbindung gebracht wird. Diese Unternehmen propagieren natürlich den Begriff auch in abgewandelter Form als „Active Recruiting“, um ihre Produkte zu verkaufen, so z.B. Talent Manager von Xing. Allerdings gibt es auch branchenspezifische Plattformen, wie z.B. Stackoverflow für Entwickler. Es lassen sich zudem Listen mit potentiellen Kandidaten sowie Kontaktinformationen über Boolesche Suchen mit einiger Erfahrung im gesamten Internet sammeln. „Metasuchmaschinen“ wie Talentwunder oder Entelo durchkämmen auf Knopfdruck alle relevanten Social Networks und liefern Kandidatenlisten. Allerdings wird die Internetsuche nach Kandidaten immer weiter eingeschränkt, nicht nur die Suchalgorithmen auf Xing und Co. werden stetig verändert und teilweise restriktiver im Zuge eines weiteren Ausbaus von deren Bezahlsystemen, sondern auch durch die DSGVO. So werden boolesche Suchanfragen mit „verdächtigem Fokus auf persönliche Daten“ von Google mittlerweile geblockt. Unter Umständen kann sogar die IP Adresse des Nutzers bis zu einem Tag gesperrt werden.
Mit zunehmenden Kandidatenengpässen und zunehmenden „Convenience Produkten“ für die Kandidatensuche, werden die am meisten nachgefragten Kandidatenspezies mit Kontaktanfragen und Nachrichten in den Netzwerken überflutet. So bietet der Xing Talentmanager nach Eingabe des Stellenprofils (kopieren wir hier mal eine Stellenanzeige hinein) eine Auswahl an vermeintlich passenden Kandidaten. Es soll nun Recruiter in Unternehmen geben, die all diese umgehend mit einer Standardmail versorgen, ohne zu prüfen, ob das Profil tatsächlich relevant ist. Sicherlich kein Einzelfall und die Frustration über inadäquate Massenanschreiben steigt, wird aber indirekt von den Sozialen Netzwerken gefördert, denn damit wird das Geld verdient. Die Xing Talentmanager Lizenz kostet für ein Jahr immerhin einige tausend EUR. Die Frage ist: wie lange geht das noch gut? In einigen Bereichen schon jetzt nicht mehr…
Im Bereich der Software Quality Assurance und der IT Projektleitung haben wir für Beraterjobs mit hoher Reisetätigkeit immerhin bei knapp 3000 Ansprachen auf Xing eine Antwortquote von gut 25% gehabt und konnten mehr als 100 interessierte Kandidaten generieren. Für Java oder gar die exotische Spezies der Scala Entwickler sieht das schon ganz anders aus, die reagieren vielleicht noch auf eine sehr individuell mit technischen Anspielungen gespickte persönliche eMail, aber mit hoher Sicherheit nicht auf eine Xing Nachricht. Dies gilt auch für SAP Berater und viele andere.
Und was ist überhaupt mit denen, die im Internet nicht vertreten sind? Das gibt es heute gar nicht? Nun, bestimmte Ingenieure, hochkarätige Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung…. sowie Busmechaniker oder zahlreiche Spezialisten im Baubereich wird man kaum im Internet finden. Ok, dann schalten wir für die Facebook Anzeigen… Das mag eine Möglichkeit sein, der Erfolg ist dabei jedoch ziemlich zufallsabhängig. In engen Branchen, wo es nicht viele Spezialisten gibt, muss man diesen Streuverlust vermeiden.
Bei SEUBERT HR arbeiten wir grundsätzlich mit allen genannten Methoden, natürlich auf das jeweilige Projekt, die Aufgabe und das Marktumfeld, abgestimmt. Wir gehen aber wieder mehr und mehr den Weg der klassischen Telefonrecherche kombiniert mit der Internetrecherche. Der sogenannte Ident deckt Organisationsstrukturen auf und identifiziert die relevanten potentiellen Kandidaten. Diese werden dann von uns direkt angerufen. Das ist es, was schon immer in der Personalberatung als Direct Search und Direktansprache bezeichnet wurde. Mancher mag es als retro bezeichnen, es ist aber – unserer bescheidenen Meinung nach – eine Methodik, die wieder mehr und mehr an Relevanz gewinnt, nur können es nur noch wenige, im Internet zu recherchieren ist dagegen für viele einfacher und weniger aufwändig. Telefonansprache ist jedoch zielgerichteter und effektiver. Es gibt allerdings bestimmte Kandidatengruppen, bei denen ein direkter Anruf maximal verpönt ist, das sind z.B. Softwareentwickler… hier unser Sales Pitch dazu ;-))
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